Die MBS-Holding hat seit dem 1. Februar 2023 neben Daniel Steckel einen weiteren CEO: Joerg Roehl (53). Im Gespräch mit Insight spricht er über Visionen und Projekte von MBS und verrät das eine oder andere persönliche Detail.
Insight: Herr Roehl, zwei CEOs in einem Unternehmen – das ist eher ungewöhnlich. Warum ist das bei MBS so?
Joerg Roehl: MBS ist sehr breit aufgestellt, arbeitet aber mit flachen Strukturen, ohne großen Wasserkopf. Darum hat jeder CEO auch diverse operative Aufgaben. Bei mir sind es z.B. Luft- und Seefracht, Asia-Pacific und einige deutsche Niederlassungen. Das bedeutet auch, dass wir ganz nah am Geschäft und an den Kunden sind.
Insight: Sie gehören seit rund drei Monaten zur MBS-Familie. Was hat Sie bewogen, zu MBS zu wechseln?
Joerg Roehl: MBS ist ein sehr agiles, privat geführtes Unternehmen mit Wachstumsplänen, die gut zu meiner bisherigen Karriere passen. Die Gesellschafter kenne ich seit 20 Jahren. Und flache Hierarchien weiß ich sehr zu schätzen: Ich verliere ungern die Bodenhaftung, also den Kontakt zu den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und Kunden.
Insight: Wie verlief Ihre bisherige Karriere?
Joerg Roehl: Gelernt habe ich bei Fr. Meyer‘s Sohn in Düsseldorf. Es folgten später unter anderem verschiedene Führungspositionen bei Kühne & Nagel International, Geis Cargo, Bolloré Logistics, Agility Logistics sowie Hansa Heavy Lift. Zuletzt war ich in der Schweiz CEO bei Natco / Trans Global Projects.
Insight: Was prädestiniert Sie für Ihre Aufgaben bei MBS?
Joerg Roehl: Ich bin eher Macher als Akademiker und immer Allrounder geblieben. Das passt zur Hands-on-Mentalität bei MBS. Gleichzeitig habe ich viel Erfahrung in Bereichen, die den Wachstumsplänen von MBS entsprechen.
Insight: Und wie fing alles an?
Joerg Roehl: Meine Mutter war einst im Verband für Spedition und Logistik in Düsseldorf tätig und hat zuhause viel über Güterverkehr und Speditionen erzählt. Nach wie vor faszinieren mich die unglaublich vielen Facetten meines Berufs.
Insight: Schauen wir in die Zukunft: Welche Herausforderungen kommen in den nächsten zehn Jahren auf Speditionen zu?
Joerg Roehl: Die Herausforderungen sind schon da. Ich sehe hier vor allem drei Felder: Erstens die erforderliche Digitalisierung von Prozessen und die Auswahl passender Transport-Management-Systeme: Wir müssen auch künftig mit unseren Kunden auf Augenhöhe – und das umfasst auch den gegenseitigen Datenaustausch mit kompatiblen Systemen – kommunizieren können. Zweitens muss MBS als Arbeitgeber noch attraktiver werden, nicht nur für potenzielle neue Auszubildende und Kollegen, sondern gerade auch für die Mitglieder der MBS-Familie. Drittens sind Speditionen systemrelevant, das ist allen seit der Corona-Pandemie bewusst. Doch das negative Image haftet weiterhin an der Branche. Wie werden wir es los?
Insight: Hat sich nach Corona etwas anderes gravierend verändert in unserer Branche?
Joerg Roehl: Leider nein. Wir sind in einer sehr ähnlichen Situation wie vor Corona: Der Preiskampf ist zurück, Service und Qualität zu bezahlen, ist wieder in den Hintergrund getreten. Ich gehe davon aus, dass die Situation in diesem Jahr mindestens so bleibt, wenn sie nicht sogar noch extremer wird.
Insight: Trotz aller Herausforderungen will MBS wachsen, haben Sie erwähnt. Wo und warum?
Joerg Roehl: Oh, das trifft diverse meiner Aufgabengebiete: im Raum Asien-Pazifik, in der Luft- und Seefracht sowie in der Schweiz, wo wir noch nicht vertreten sind. Wir wollen organisch wachsen und dem Geschäft folgen. Wo sich valide Möglichkeiten bieten, werden wir die Situation analysieren und uns positionieren. Übrigens wäre auch der Ausbau des Felds Projektlogistik für uns interessant, in dem ich bereits Erfahrung habe.
Insight: Was genau planen Sie im Raum Asien-Pazifik?
Joerg Roehl: Wir eröffnen gerade eine Niederlassung in Südkorea, sitzen bereits in China, Vietnam sowie Singapur und prüfen die Möglichkeiten in Japan. Große Chancen sehen wir auch im Raum Südostasien mit dem Ausbau unserer Aktivitäten aus Singapur heraus.
Insight: Ist Wachstum heutzutage ein Zwang oder ein Privileg für eine Spedition?
Joerg Roehl: Weder noch. Wenn Wachstum strategisch geplant ist und sich die Möglichkeit dazu bietet, ist es eine Chance, um das Unternehmen wettbewerbsfähiger aufzustellen. Wenn Wachstum nicht im Fokus der Geschäftstätigkeit steht, kann ein Spediteur auch ohne überleben. Ich bin mir sicher, dass neben breit aufgestellten Speditionen wie MBS gerade kleine Spezialisten auch künftig gut über die Runden kommen werden, wenn sie ihre Kunden im Blick behalten. Exquisites Fachwissen und persönlicher Service werden von Kunden geschätzt.
Insight: Was ist Ihnen an Ihrer Beziehung zu Kunden besonders wichtig?
Joerg Roehl: Ein partnerschaftliches Verhältnis, die Begegnung auf Augenhöhe und gegenseitiges Vertrauen. Aber klar bleibt: Wir sind in erster Linie Dienstleister. Unsere Expertise erlaubt es uns, innovative Lösungen für die Supply-Chain-Herausforderungen unserer Kunden zu erarbeiten. Das ist entscheidend.
Insight: Sie haben drei Kinder, sind passionierter Golfer und Koch, reisen gern und renovieren zudem das eine oder andere Zimmer zuhause selbst: Wie passt das mit Ihrem neuen Job als CEO bei der MBS Holding zusammen?
Joerg Roehl: Meine beiden älteren Söhne sind bereits aus dem Haus und studieren in Wien und Heidelberg. Unsere kleine Tochter ist erst 2½ Jahre alt und hält uns ordentlich auf Trab. Durch den Lebensmittelpunkt der Familie momentan noch in Zürich und meine Haupttätigkeit in Köln kommen Hobbys und Privates derzeit oft zu kurz. Sportlich konzentriere ich mich daher aufs Joggen. Laufschuhe habe ich immer im Gepäck und dieses Hobby ist fast überall und zu jeder Uhrzeit möglich.